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Startup Spotlight Liechtenstein: Radtke Messtechnik – Der Daniel Düsentrieb der Feuchtigkeitsbestimmung

Startup Spotlight Liechtenstein: Radtke Messtechnik – Der Daniel Düsentrieb der Feuchtigkeitsbestimmung 

Es gibt viele gute Gründe für eine Firmengründung in Liechtenstein. Die rechtlichen Bestimmung des EWR-Raums zu erfüllen und dadurch den Vertrieb zu erleichtern, ist einer davon. Gründer Frank Radtke spricht im Interview über sein Unternehmen und die Gründung einer neuen Firma in Liechtenstein.

Was macht dein Unternehmen?

Wir stellen Messgeräte für die Bestimmung von Feuchtigkeit mittels chemischer Reaktion her. Unser CM-Gerät ist ein präzises Feuchtigkeitsmessgerät basierend auf der Carbid-Methode. Die chemische Reaktion nutzt dabei Calciumcarbid und das Reaktionsprodukt ist Acetylen, ein brennbares Gas. 

Wer sind eure Kunden?

Insbesondere Boden-, Parkett- und Fliesenleger nutzen unser Messgerät zur Bestimmung der Restfeuchtigkeit in Estrichen. Sie müssen die Belegreife des Untergrundes prüfen und ein Teil dieser Prüfung ist die Bestimmung der Restfeuchtigkeit.

Neben dieser sehr komplexen messtechnischen Fragestellung werden die Messgeräte auch in QS-Laboren von Grossbaustellen eingesetzt. Bei dieser Anwendung geht es darum schnell, einfach und zuverlässig den Feuchtigkeitsgehalt von Komponenten zu bestimmen, die verbaut werden sollen.

Wie bist du Gründer geworden?

Ich bin promovierter Chemie-Ingenieur und kein Verkäufertyp, eher ein Daniel Düsentrieb, wie ich mich selbst immer wieder mal bezeichne. Die Gründung meiner ersten Firma vor 25 Jahren hatte Startup-Charakter. Mein Vater, selbst auch Unternehmer und Tüftler, kam eines Tages mit einem eigenen Prototyp eines CM-Geräts zu mir und verkündete: 

Du bist Chemie-Ingenieur und solltest wissen wie das funktioniert. Wenn Du das kostengünstig herstellen kannst, habe ich Kunden für Dich. 

Ich war Doktorand und neugierig und wusste, dass nur eine einzige Firma CM-Geräte herstellte. Das Interesse an alternativen Beschaffungsmöglichkeiten war daher gross. So begann ich mich mit der Carbid-Methode und deren Herstellung zu befassen.

Das tiefe Vertrauen in chemische Gesetzmässigkeiten, wissenschaftliche Leidenschaft und Kreativität haben mir in den letzten 25 Jahren einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit im Marktsegment zur Prüfung von Restfeuchtigkeit gegeben.

Warum die Gründung in Liechtenstein?

Bei der chemischen Reaktion, die wir als Methode zur Bestimmung der Restfeuchtigkeit nutzen, wird Calciumcarbid verwendet. Dies gilt als Gefahrenstoff und daher fällt unser Produkt, das CM-Gerät, in die CLP-Verordnung der EU. Bis letzten September ging ich davon aus, dass alles was die CLP-VO anbelangt, richtig aufgelistet wurde. Ich hatte durch den hohen Exportanteil in die EU eine deutsche Ust-ID-Nr. und unser Unternehmen in Baar in der Schweiz, das ich seit 25 Jahren erfolgreich führe, entsprechend bei der Finanzbehörde in Konstanz registrieren lassen.

Ich musste aber feststellen, dass ich mit dieser Konfiguration die Vorgaben der CLP-Verordnung nicht erfüllen würde. Ich musste also handeln, um meine Vertriebspartner im EWR weiterhin beliefern zu dürfen. Dafür musste ich eine eigenständige juristische Person im EWR ins Leben rufen, um auch weiterhin als Inverkehrbringer nach der CLP-VO gelten zu dürfen.

Was ist die CLP-Verordnung?

In der EU wurde zum Schutz des Konsumenten und zur verbesserten Erkennbarkeit von Gefahren, die aus dem Gebrauch von chemischen Stoffen und Gemischen ausgehen können, neben REACH auch die sogenannten CLP-Verordnung ins Leben gerufen, die Verordnung für “Classification, Labelling and Packaging”. Diese regelt neben den Pflichten zur Kennzeichnung von chemischen Stoffen und Gemischen auch die Registrierung und Pflichten für sogenannte Inverkehrbringer dieser Produkte. 

Auch unsere Vertriebspartner sind als Handelspartner in der Pflicht diese Vorgaben zu erfüllen, wenn sie die Ware aus einem Nicht-EWR-Land wie der Schweiz importieren. Endkunden (die Anwender sind gewerbliche Nutzer) müssen diese regulatorischen Anforderungen nicht erfüllen.

Die neue Firmengründung im EWR-Raum

Radtke Messtechnik möchte auch weiterhin als Inverkehrbringer agieren um auf dem Markt präsent auftreten zu können und zugleich sollen unsere Vertriebspartner unterstützt werden. Wenn die regulatorische Fragen alle geklärt sind, können sich unsere Vertriebspartner in Ruhe auf den Vertrieb der Produkte konzentrieren. So entstand die Idee mit einer neuen Firmengründung im EWR-Raum.

Weiters musste auch die Kennzeichnung unseres Stoffes bis hinunter auf die zu verbrauchende Einheit – einer Glasampulle – erweitert werden. Es genügte nicht mehr, die Kennzeichnung nur auf der Verpackung anzubringen.

Diese Notwendigkeiten führten schliesslich dazu in Liechtenstein eine weitere Firma zu gründen. Dadurch ist es mir möglich meine bisherigen Vertriebspartner im EWR weiterhin mit unseren chemischen Produkten bedienen zu dürfen. Und natürlich können wir so auch weitere Vertriebspartner gewinnen.

Hätte die Wahl auch auf ein anderes Land im EWR-Raum fallen können?

Liechtenstein ist als Teil der Zollunion mit der Schweiz «seelenverwandt» und weist mir vertraute Rechtsstrukturen auf. Die Alternative wäre gewesen in der EU (Deutschland) eine entsprechende Firma zu gründen.Dort sind mir die Regelwerke jedoch nicht gleich vertraut und wie die Corona-Krise gezeigt hat, wäre die Zugänglichkeit zu meinem Geschäft in der EU nur erschwert möglich gewesen.

Mit welchen Herausforderungen sahst du dich während der Gründung konfrontiert?

Zu Beginn war die grösste Challenge, wenn ich das so nennen darf, die Wahl des Gründungslandes um als Inverkehrbringer die CLP-VO erfüllen zu können. 

Nachdem klar war, dass sich Liechtenstein dafür optimal eignen würde, setzte diese Erkenntnis viel Energie frei. Die Klärung der Frage, welche Rechtsform für die Firma notwendig bzw. zweckmässig sei, war aufwendig. Es war nicht leicht, sich einen Überblick über die diversen Möglichkeiten zu verschaffen. 

Liechtenstein bietet eine sehr grosse Auswahl an Unterstützung für die Ansiedlung von neuen Unternehmen an, sei es von behördlicher Seite oder von privater Seite, wie Kanzleien oder der Technopark Liechtenstein. 

Nachdem klar war, welche Rechtsform zweckmässig war, sorgte die Kenntnis der Möglichkeit der «vereinfachten» Gründung einer GmbH für eine äusserst positive Überraschung, da dadurch laufende Kosten aber auch Gründungskosten niedrig gehalten werden können. Der übliche Weg einer Firmengründung mit Hilfe einer Anwaltskanzlei und dem sich daraus ergebenden Firmensitz bei einer Treuhandgesellschaft war damit nicht notwendig.

Letztlich kamen nochmals Sorgen auf, als es um die Eröffnung eines Bankkontos ging. Nach Anfragen bei drei Banken ergab sich nur bei einer Bank die Möglichkeit ein Geschäftskonto zu eröffnen.

Welche Rolle spielte der Technopark für die Gründung deines Unternehmens und auch in weiterer Folge?

Der Technopark bot mir mit seiner flexiblen Bürostruktur und der administrativen Unterstützung die ideale Ausgangslage für mein neues Unternehmen. Ich kannte den Begriff Technopark bisher nur vom Hörensagen und empfinde das Angebot zur Begleitung von Startups sehr hilfreich.

Man muss lediglich die Bereitschaft mitbringen, mit Menschen reden zu wollen und Fragen zu stellen. Vieles erweist sich als erheblich weniger komplex, als man am Anfang erwarten würde. Im Technopark erhielt ich sehr viele Tipps, Kontakte und Anregungen.

Was sind die nächsten Schritte für Radtke Messtechnik?

Die nächsten Schritte werden sein, mit der Firma geschäftlich aktiv zu werden und die bestehenden Kunden auf den neuen Vertriebskanal um zu lotsen. 

Zudem freue ich mich auf das inspirierende Umfeld im Technopark, wo ich meine Produktideen diskutieren und die Umsetzung schrittweise mit ortsansässigen Partnern angehen kann. 

Die Nähe zu höheren Lehranstalten ebenso wie zu mechanischen Verarbeitungsunternehmen werden wir uns ebenfalls anschauen und auf mögliche Symbiosen prüfen.

Erfahre mehr über die Leistungen des Technopark Liechtenstein

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